Visualisierung KSB Neubau

40 Jahre sind genug: Warum das KSB von Grund auf neu gebaut wird

Vierzig Jahre hat das KSB auf höchstem medizinischen Standard agiert. Damit das Gebäude den veränderten Bedürfnissen weiterhin gerecht werden kann, steht der Neubau «Agnes» an. Telefonistin Therese Bracher erlebte bereits den Umzug ins heutige KSB und erzählt, warum damals sogar die Armee anrücken musste.

Es ist sieben Uhr morgens, Militärfahrzeuge fahren in Baden vor. Die 23-jährige Therese Bracher beendet gerade ihre Nachtschicht in der Telefonzentrale des Städtischen Spitals. Vor ihren Augen transportiert die Armee die ersten Patienten ab. Grund ist nicht eine Notsituation, sondern der Umzug ins neue Kantonsspital Baden.  Das ist jetzt über vierzig Jahre her. Therese Bracher erinnert sich: «Das damalige Stadtspital war sehr familiär. Vor allem in der Nachtschicht begleitete ich oft Schwangere in den Gebärsaal oder half in der Pflege mit.» Sie war auch für die Notfallpforte verantwortlich und organisierte die Aufnahme. Man habe im Voraus nie gewusst, was dem Patienten fehle, der gerade im Krankenwagen ankam. «Es gab keine Funkverbindung zwischen dem Wagen und uns.» Man habe immer auf alles gefasst sein müssen.

Technische Errungenschaften

Mit dem 1978 in Betrieb genommenen KSB wurde alles moderner, auch für Bracher. «Wir mussten die Telefonleitungen nicht mehr stöpseln, sondern konnten per Knopfdruck verbinden.» Computer gab es zu Beginn zwar noch keine, aber Pager erleichterten die Kommunikation. Auf der Notaufnahme war Bracher zu Beginn nicht mehr erwünscht. «Es hiess, das sei nichts für Frauen.» Doch bereits nach einigen Monaten stand Therese Bracher auch dort wieder auf der Matte und übernahm später die Leitung der Disposition Notaufnahme. Dort hat sie viel Schlimmes gesehen, aber sie erinnert sich auch an schöne Momente.

Telefonistin Therese Bracher
«Einmal kam ein Paar in die Notaufnahme, die Frau klagte über Bauchschmerzen. Zwei Stunden später waren die beiden Eltern.»
Therese Bracher

Auch für die Patientinnen und Patienten gab es im neuen KSB viele Neuerungen: die Zimmer wurden grosszügiger und moderner, die medizinaltechnische Infrastruktur wurde laufend erneuert, dazu entstanden Neubauten wie die Notfallpraxis, die Tagesklinik Kubus und das KSB-Partnerhaus. Therese Bracher hat alle diese Innovationen miterlebt: «Das KSB war sehr häufig Pionier. Deshalb blieb die Arbeit immer spannend.»

Neue Herausforderungen – neue Chancen

Vier Jahrzehnte nach dem Umzug vom Stadtspital muss sich das KSB neuen Anforderungen stellen: gestiegene Ansprüche an die Aufenthalts- und Versorgungsqualität, gesunkene Akzeptanz langer Wartezeiten, vermehrt ambulante Versorgung und der demografische Wandel. Zudem hat die intensive Nutzung ihre Spuren hinterlassen, der Raum wurde zusehends knapp und die Investitionen in Wartung und Unterhalt steigen. Nun wiederholt sich die Situation: Das Spital wird komplett erneuert und zum Gesundheits-Campus weiterentwickelt.

«Agnes» beliebt bei der Bevölkerung

Die Planung für die Gesamterneuerung des KSB begann vor rund 15 Jahren. Der Grosse Rat des Kantons Aargau genehmigte damals einen Kredit zur Sanierung der medizinisch dringlich notwendigen Anpassungen. Doch eine Analyse einzelner Abteilungen wie Pflegestationen, Intensivstation oder Operationsabteilung kam zum Schluss: Eine Sanierung greift zu kurz. So entstand das Neubauprojekt «Agnes». Das Projekt kam bei der Bevölkerung gut an: Gegen das Bauvorhaben ging keine einzige Einsprache ein. Projektleiter Markus Flury sagt: «Für ein Bauvorhaben dieser Dimension ist das nicht selbstverständlich.» Denn bei einem so umfassenden Projekt sei es wahrscheinlich, dass man beispielsweise jemandem die Aussicht verbaue oder sich jemand am Ausmass störe.

«Wir spüren den Rückhalt in der Bevölkerung.»
Markus Flury, Projektleiter KSB-Neubau

Ein besonderer Notfall

Böden, Wände und Decken im bestehenden Gebäude veranschaulichen die Dringlichkeit des Neubaus am besten: Sie sind abgenutzt und abgegriffen. Therese Bracher könnte wohl zu vielen Kratzern und Schrammen eine Geschichte erzählen. Besonders im Gedächtnis blieb ihr aber ein Vorfall: das Zugunglück in Othmarsingen im Juli 1982. Ein Lebensmittelzug, der von Italien nach Deutschland fuhr, rammte am frühen Morgen einen Schnellzug, der von Dortmund nach Rimini unterwegs war. Bracher: «Das Haus war blitzartig voll. Notfallszenarien haben wir zwar immer wieder geübt. Aber plötzlich so viele Verletzte zu versorgen – das war schon eine Herausforderung.»

Das KSB wurde in einer Zeit gebaut, in der Energiekosten und Isolationen noch keine grosse Bedeutung zugemessen wurde. Altersbedingt sind deshalb die Unterhaltskosten erheblich. Auch das Raumangebot wurde über die Jahre immer knapper. Das zeigt sich vor allem im Pflege- und Arztbereich. Schon jetzt führt das zu Anpassungen: Vor einigen Jahren wurden beispielsweise Nasszellen in Mehrbettzimmern integriert.

Neue und höhere Sicherheitsanforderungen

Haustechnische Anlagen wie Wasserleitungen, Lüftung und Notstrom haben normalerweise eine Lebens- und Amortisationszeit von etwa 15 Jahren. Dank guter Wartung sind die ursprünglichen Anlagen teilweise noch heute in Betrieb. Problematisch ist jedoch, dass Ersatzteile kaum bis gar nicht mehr lieferbar sind. Hinzu kommt, dass eine Spitalliegenschaft heute höheren Sicherheits- und Qualitätsanforderungen genügen muss als vor 40 Jahren.

Nicht zuletzt ist bei einem Neubau das Bauverfahren einfacher. Bei einer Sanierung müssten grosse Teile des Spitalbetriebs jeweils während der Bauphase in Provisorien untergebracht werden. Dies ist mit Mehraufwand verbunden. Bei einem Neubau können Baustelle und Betrieb optimal getrennt werden. Das ist für Patienten und Personal angenehmer. Denn die Lärmbelastung ist geringer und der Spitalalltag wird wenig vom Baustellenstress gestört.

Vom Spital zur Gesundheitslandschaft

Das neue Spital wird auch mit seiner Architektur überzeugen. Dem Neubau liegt die Idee der Healing Architecture zugrunde. Das heisst, das Konzept des Spitals schafft optimale Bedingungen für Patientinnen und Patienten wie auch für das Personal. Im Gegensatz zum traditionellen, eher introvertierten Spitalbau wird das neue Spital zur Gesundheitslandschaft, die vielfältigen Austausch ermöglicht. Aufenthaltsbereiche und Räume für Personal und Therapien sind um die neun grossen Höfe angesiedelt. Das schafft Übersichtlichkeit, kurze Wege und gute Aufenthaltsqualität. Zudem können Prozesse verbessert und Synergien genutzt werden.

Die Höfe leiten Tageslicht in alle Etagen des Gebäudes. Die Patientenzimmer liegen kranzartig entlang der Fassaden. Die Lichtverhältnisse sind sehr angenehm, und Patienten geniessen eine schöne Aussicht. Das neue Gebäude bekommt nur noch sieben Etagen – halb so viele wie das heutige KSB. Dennoch bietet das Projekt Agnes im Innern Raum für modernste Technik. Das Projekt ist modular gestaltet. Mit minimalem Aufwand können so notwendige Anpassungen vorgenommen werden. Auch künftig können dank dieser Bauweise neue Bedürfnisse oder Standards leicht umgesetzt werden.

KSB- Neubau Illustration Patientenzimmer

Patientenzimmer der Zukunft: Viel Tageslicht und eine schöne Aussicht.

Moderner Arbeitgeber und Ausbildner

Das KSB beschäftigt rund 2500 Mitarbeitende und ist damit einer der grössten Arbeitgeber in der Region. Mit fast 400 Lernenden und Studierenden sichert sich das KSB zudem den eigenen Berufsnachwuchs. Mit dem Neubau bietet das Spital auch ihnen einen modernen Arbeits- und Ausbildungsplatz.

Therese Bracher ist heute 66 Jahre alt und noch immer am Empfang des KSB anzutreffen. Als ihre beiden Kinder noch klein waren, arbeitete sie ausschliesslich während der Nacht. Die Schicht dauerte im städtischen Spital von acht Uhr abends bis am nächsten Morgen um sieben Uhr. Im KSB wurden die Schichten angenehmer: Von zehn Uhr abends bis am nächsten Morgen um 6 Uhr. Sie habe die Nächte im KSB genossen. «Ich musste mehr Verantwortung übernehmen als am Tag und öfters über Dinge entscheiden, die nicht bis zum nächsten Morgen warten konnten.» Vieles habe sich zudem mit der Digitalisierung vereinfacht. So muss sie die Krankenkassen-Daten nicht mehr von Hand abschreiben oder in den Computer tippen, sondern kann einfach das Chip-Kärtchen einlesen. Oft hätten ihr Patienten gesagt: «Schön, dass Sie da sind.» Ein bekanntes Gesicht im fremden Umfeld habe viele beruhigt. Im neuen Spital ist deshalb Kommunikation ein wesentlicher Bestandteil der Healing Architecture. Das hilft Patienten, sich schnell wohlzufühlen.

Telefonistin Therese Bracher

43 Jahre am KSB: Telefonistin Therese Bracher






Wie schon vor vierzig Jahren erwartet Bracher das neue Spital mit Spannung und einem Anflug von Wehmut. Sie wünscht sich, dass das KSB mit «Agnes» ein attraktiver Arbeitgeber bleibt und Innovationen auch weiterhin vorantreibe. Im Neubau wird sie allerdings nicht mehr arbeiten. Diesen Sommer verlässt sie das KSB nach über 43 Jahren und geht in Pension. Das «Agnes» wird sie dennoch jeden Tag zu Gesicht bekommen: Aus dem Küchenfenster ihrer Wohnung wird sie direkt auf den Neubau sehen.

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